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Fokus Innovation und Digitalisierung bei Dienes: Hautnah-Interview mit Rolf Thielen
Brigitta Csima und Sinan Ercanoglu sprachen mit Rolf Thielen, Leiter Automatisierungstechnik von Dienes, über die aktuellen Entwicklungen und Innovationen Im Bereich TEOC, Digitalisierung und datengetriebene Problemlösung.
Hallo Rolf, vielen Dank für deine Zusage zu unserem Hautnah-Interview. Wir wollen uns gemeinsam mit dir den aktuellen Themen der Digitalisierung, Industrie 4.0 und Big Data bei Dienes widmen. Erst mal zu deiner Person, erzähl uns bitte etwas über dich und deine Aufgaben bei Dienes:
Mein Name ist Rolf Thielen und ich bin bereits seit 15 Jahren bei Dienes beschäftigt. Meine derzeitige Verantwortung ist die Leitung der Bereiche Anlagenbau, Service und Entwicklung im Bereich der Digitalisierung. Bevor ich zu Dienes kam war ich in der Lebensmittelindustrie und später in der Verpackungsindustrie als Automatisierungstechniker tätig. In dieser Zeit betreute ich weltweit mehrere Projekte vor Ort. Zu meinen Aufgaben zählte es Anlagen mit einem lokalen Team aufzubauen, in Betrieb zu nehmen und später an die Produktion zu übergeben.
Hier bei den Dienes Werken habe ich meinen Weg zunächst als Inbetriebnehmer im Anlagenbau eingeschlagen und dabei meine praktischen Erfahrungen weiter vertieft. Das ist auch heute noch von großem Wert für mich, insbesondere für die Weiterentwicklung und Innovation im Bereich des Schneidens.
Stichwort Innovation – Dienes wurde mit dem diesjährigen ICE-Award in der Kategorie Digital Converting Solutions für sein Teoc AddOn ausgezeichnet – Könntest du uns mehr über TEOC und die Hintergründe erzählen?
TEOC steht für “The End Of Coincidence”. Unter TEOC laufen sämtliche Projekte im Bereich der Digitalisierung im Service und Anlagenbau zusammen.
TEOC ist im Prinzip eine logische Konsequenz: Da ich Jahre lange als Servicetechniker unterwegs war wusste ich, dass wir immer vor den gleichen Herausforderungen stehen – Bei Problemen im Zusammenhang mit den Schneidsystemen, Messerhaltern, Messern oder Schneidergebnissen ist die Verständigung und Kommunikation mit den Kunden von elementarer Wichtigkeit. Nicht nur sprachlich, ich meine auch, dass wir durch unsere internationale Ausrichtung häufig mit unterschiedlichen Kulturen interagieren. Beispielsweise sagt ein Kunde aus Höflichkeit bei auftretenden Problemen „Ja, das passiert manchmal“ – dabei passiert es ständig. Ein anderer Kunde wiederum sagt aus Gewohnheit einfach: „Das passiert ständig“ – eigentlich tritt der Fehler aber nur einmal im Monat auf. Das heißt wir brauchen eine Möglichkeit zur objektiven Aufnahme der örtlichen Informationen. Gerade die ungerichtete Ursachensuche ist nicht nur langwierig, sondern auch kostspielig. An diese Stelle tritt nun TEOC.
Was genau bedeutet „Ende der Zufälle“?
Es gibt keine Zufälle. Es gibt bislang nur Gründe, die wir noch nicht kennen.
Wie genau funktioniert TEOC?
TEOC ist kein Produkt im eigentlichen Sinne, sondern eine Marke. Darunter fassen wir alle Anstrengungen im Bereich der Elektronik, Sensorik, Software, Hardware aber auch aus tatsächlichen Dienstleistungsprodukten zusammen. Das Ganze hat das Ziel, Daten beim Schneiden zu erfassen um ein besseres Verständnis zu entwickeln.
Das bedeutet wir bzw. der Kunde ist mit Hilfe von TEOC dazu befähigt vor, während und nach Schneidvorgängen Daten zu erheben. Dabei ist das Setup von zu messenden Größen kundenindividuell anpassbar. Wir haben überlegt, wie kriegen wir das hin? In dem wir eine Art Baukastensystem entworfen haben das je nach Komplexitätsgrad an Kundenbedürfnisse angepasst werden kann. Das gilt sowohl aus Hard- als auch Softwaresicht.
Welche Vorteile hätte ich als Kunde von TEOC?
Das System ermöglicht nicht nur die Datenerfassung, sondern auch die Analyse und Nutzbarmachung unterschiedlicher Messgrößen. Basierend auf den durch TEOC identifizierbaren Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen, lassen sich gezielte Maßnahmen zur Optimierung und zur Fehlervermeidung innerhalb von Produktionsprozessen ableiten. Dann können sowohl wir, als auch unsere Kunden, sich ein ganz klares Bild über die Situation an der jeweiligen Anlage machen. Notwendig sind dafür Daten in Reinform mit einer historischen Reichweite. Denn wer die Vergangenheit kennt, kann daraus für die Zukunft lernen. So können wir Probleme früh erkennen und gar präventiv eingreifen. Als Resultat könnten nicht nur höhere Standzeiten, sondern auch geringere Rüstkosten, Stillstandszeiten und Optimierungsvorhaben realisiert werden.
Ist TEOC nur für größere Unternehmen interessant oder auch für kleinere?
TEOC ist unabhängig von der Größe eines Unternehmens. Durch den modularen Aufbau können wir die Systeme entsprechend den Kundenwünschen anpassen. Zudem ist beim Einsatz von TEOC mit einem Anstieg von Produktivität und Verfügbarkeit zu rechnen. Unabhängig von der Größe des angebotenen Systems ist daher mit einer raschen Amortisierung zu rechnen, da die Systeme auf den genauen Verwendungszweck des Kunden abgestimmt sind.
Aber auch der indirekte Nutzen für Unternehmen jedweder Größe ergibt sich aus den für uns ableitbaren Verbesserungspotenzialen, die wir in die Entwicklung unserer Produkte einfließen lassen.
Wer ist die Zielgruppe?
Das lässt sich nicht pauschal beantworten, da der Markt noch im Umbruch ist. Grundlegend sehen wir aber als Zielgruppe all unsere Kunden, branchenunabhängig. Welche Sparte sich wie und wann entwickelt ist also nur schwer zu sagen.
Was ich mit Sicherheit aber sagen kann ist, dass wir für uns genommen schon eine Zielgruppe darstellen. Wir können mit dem gesammelten Knowhow ganz andere Produkte entwickeln. Wenn wir exakt wissen wie sich beispielsweise unsere Messerhalter im Feld verhalten, können wir wesentlich genauer Kundenbedürfnisse adressieren. Wenn wir uns heute die klassische Produktentwicklung anschauen, so basiert diese immer auf Annahmen, Berechnungen und dem Wissen, was bisher nicht funktioniert hat.
Wer kommt in produzierenden Unternehmen mit TEOC im Allgemeinen in Berührung und auf welche Weise?
Im Grunde genommen jeder. Zum Beispiel erhält der Anlagenbediener visuelle Hinweise wann der Messerwechsel zu erfolgen hat (Laufzeiterfassung). Das kann direkt auf einem integrierten Display, wie bei unserem TEOC AddOn, oder auf einer anderen Oberfläche wie einem Dashboard erfolgen. Aber dasselbe Dashboard kann genauso interessant sein für den Instandhalter, der über präventive oder reaktive Wartungsmaßnahmen zu entscheiden hat. Gleiches gilt für den Einkäufer, der die entsprechenden Standzeiten, Neukäufe und Qualitäten einfach überwachen kann. TEOC ist für jede Abteilung geeignet. Grundlegend ist es in drei Säulen aufgeteilt:
Der Kunde für sich: Messung, Analyse und Visualisierung durch Dashboard – der Kunde zieht sich selber seinen Mehrwert raus.
Dienes für Kunde: Der Kunde hat ein Problem und wir greifen auf die gesammelten Daten zurück. Einerseits zur Ursachenforschung, andererseits zur schnellen Problemlösung.
Dienes für Beide: Wir ziehen Rückschlüsse durch das TEOC-System und die gesammelten historischen Daten zur Produktverbesserung.
Ein großer Vorteil ist, dass wir Handlungsempfehlungen grafisch darstellen können. Die Gestaltung des optionalen Displays ist angelehnt an den Grafiken unserer Schneidsystem-Touchpanele. Das heißt, der Bediener, der heute unsere SPS bedienen kann, wird unseren TEOC AddOn Messerhalter genauso bedienen können und sich zu Hause fühlen.
Wir haben jetzt viel über Daten geredet. Wie kommen die Daten vom Halter zum Server und letztendlich zu Euch?
Zum einen verfügen die smarten Geräte der TEOC Familie über eine WLAN- oder optional über eine Ethernet Schnittstelle, zum anderen unterstützen wir Standard Kommunikationsprotokolle wie MQTT oder OPC-UA. Das komplette System mit Messerhaltern, Schneidanlage sowie dem Server funktioniert autark beim Kunden. Um optimalen Service zu garantieren, sind all unsere Anlagen zusätzlich mit VPN Routern ausgestattet. Dafür wird allerdings eine Internetverbindung kundenseitig benötigt. In Zukunft wird sich darüber hinaus zeigen, welche Vorteile sich aus dem 5G-Netz ergeben könnten.
Wie sieht es mit Datenschutz aus?
Datenschutz ist für uns ein wichtiges Thema. Wir haben uns schon früh damit auseinandergesetzt und es war klar, dass wir keinerlei personenbezogene Daten erheben. Darüber hinaus wollen wir das Vertrauen unserer Kunden, was wir als Traditionsunternehmen über die gut letzten 100 Jahre aufgebaut haben, nicht enttäuschen, indem wir unnötige Produktions- oder Produktdaten erheben. Kurzes Beispiel: Wir geben dem Kunden die Möglichkeit, verschiedene Schneidprofile für verschiedene Materialien abzuspeichern. Statt „Papier, 80g/m² mit Zusammensetzung X“ zu speichern, verwenden wir Pseudonyme wie „Material Blau“.
Wie man auf der vergangenen ICE-Messe sehen konnte, ist das Gehäuse des TEOC AddOn’s ein im 3D-Druck Verfahren hergestelltes Bauteil. Wird das auch in Serie erfolgen?
Die additiven Fertigungsverfahren sind für uns hochinteressant. Der Kauf entsprechender Anlagen ist teilweise schon erfolgt und wird in Zukunft noch weiter vorangetrieben. Der entscheidende Vorteil am 3D-Druck ist, dass komplexere Konturen hergestellt werden können, als wie dies mittels Zerspanung möglich wäre. Darüber hinaus kann das komplette Bauteil in einem Arbeitsgang gefertigt werden und muss nicht umgespannt werden, wie dies in der klassischen Fertigung oft der Fall ist. Diese Vorteile erlauben es uns, schneller Prototypen herzustellen.
Das Einsatzgebiet der additiven Fertigung beschränkt sich dabei nicht nur auf gängige Kunststoffe, sondern auch auf Metalle und Verbundstoffe. Da mittlerweile eine Vielfalt an Verfahren und Werkstoffen verfügbar sind, müssen wir in weiteren Feldversuchen evaluieren was sich am besten für unser TEOC AddOn eignet. Auch muss kalkuliert werden, inwiefern beispielsweise die additive Metallfertigung in Frage kommen könnte, da Anlagen für selektive Schmelzverfahren hohe Investitionsausgaben bedeuten. Viel vorrangiger sind allerdings die derzeit noch hohen Produktionskosten. Bereits jetzt erlaubt uns der 3D Druck, Kleinteile wie Sensoreinfassungen oder Displaybefestigungen günstiger aus Kunststoff herzustellen, als dies mit klassischem Spritzguss oder Zerspanung möglich wäre. Welche Rolle Verbundstoffe oder metallische Werkstoffe bei großen Konturen, die rauen Umgebungen ausgesetzt sind, spielen werden, wird zurzeit erprobt.
Hat die aktuell schwierige Beschaffungssituation Einfluss auf eure Entwicklung bzw. Fertigung?
Ja, das hat einen großen Einfluss. Wir müssen, ähnlich wie wir es durch TEOC realisieren wollen, viel weiter in die Zukunft schauen. Wenn wir jetzt z.B. alle Anlagen mit TEOC ausgerüstet hätten und wüssten, wie die Anlagen sich verhalten, dann könnten wir Ausfälle, Ersatzteil- und Komponentenbestellungen vorhersagen. Die Beschaffungssituation wird sich perspektivisch nicht so schnell ändern, also wird es umso wichtiger sein einen Blick in die Zukunft zu werfen.
Vielen Dank Rolf und wir bleiben weiterhin gespannt darauf auch künftig die neuesten Entwicklungen und Trends bei Dienes von Dir zu erfahren.